Das Assoziativgesetz für die Addition kennen wir aus der Schule:
Wenn man eine Summe hat, dann kann man an beliebigen Stellen
eine Klammer setzen:
3 + 5+ 7 = 3 +(
5+ 7) = (3 + 5)+ 7
Nun untersuchen wir, ob das Assoziativgesetz auch für unendliche
Summen gilt, die bei der Reihenrechnung auftreten.
Satz
Bei unendlichen Summen gilt: Das Assoziativgesetz gilt nur für
konvergente Reihen und dort auch nur eingeschränkt.
(1)
Bei konvergenten Reihen
dürfen Klammern beliebig gesetzt werden.
(2)
Bei konvergenten Reihen
dürfen Klammern nur dann weggelassenwerden, wenn die entstandene
Reihe
auch wieder konvergent ist.
Beispiel und Beweis: Klammern setzen bei
konvergenten Reihen erlaubt
Beispiel:
Gegeben sei eine konvergente Reihe (an). Als Beispiel wählen wir eine
geometrische Reihe mit q=1/2:
Weil die Reihe konvergent ist, dürfen wir beliebige Klammern setzen,
z.B. je 2 Glieder in eine Klammer. Es entsteht eine neue geometrische
Reihe (bn) mit q=1/4:
Die Reihe mit Klammern und die Reihe ohne Klammern konvergieren beide
und beide konvergieren gegen den gleichen Wert, nämlich
gegen 1.
Beweis (kann übergangen werden):
Gegeben ist eine konvergente Reihe (an):
Nun führen wir eine Beklammerung durch, so wie im obigen Beispiel.
Es entsteht eine neue Reihe (Tn). Das erste Glied von (Tn)
heißt z.B. (a1+a2).
Jetzt betrachten wir die Teilsummenfolgen der beiden Reihen:
Die erste Teilsumme T1 der Teilsummenfolge (Tn)
ist gleich der zweiten Teilsumme S2 der Reihe (Sn).
Die zweite Teilsumme T2 der Teilsummenfolge (Tn)
ist gleich der vierten Teilsumme S2 der Reihe (Sn).
Und so geht es immer weiter:
Anscheinend ist die Teilsummenfolge (Tn) eine Teilfolge der
Teilsummenfolge (Sn).
Weil aber eine Teilfolge das gleiche Konvergenzverhalten hat wie ihre
zugrundeliegende Folge,
und eine Teilfolge gegen den gleichen Wert konvergiert, wie die
zugrundeliegende Folge,
ändert eine konvergente Reihe ihren Grenzwert nicht, wenn man Klammern
setzt.
Beispiel und Beweis: Klammern
setzen bei divergenten Reihen verboten
Wir zeigen, dass Klammersetzen bei divergenten Reihen zu falschen
Ergebnissen führt.
Gegeben sei die divergente (oszillierende) Reihe:
Nun setzen wir je 2 Glieder in Klammern. Die diverente Reihe
wird dadurch zu einer konvergenten Reihe, die gegen Null konvergiert:
Andererseits kann man die Klammern aber auch erst ab
dem zweiten Glied setzen, sodass die Reihe gegen 1 konvergiert:
Diese Widersprüche zeigen, dass bei divergenten Reihen
im allgemeinen das Setzen von Klammern verboten ist.
Beispiel und Beweis: Klammern
weglassen
verboten, wenn eine divergente Reihe entsteht
Wir zeigen: Das Weglassen der Klammern kann zu falschen Ergebnissen
führen,
wenn durch das Weglassen der Klammern eine divergente Reihe entsteht.
Gegeben sei die konvergente Reihe:
Lassen wir die Klammern weg, so erhalten wir eine divergente Reihe
(die Reihe ist divergent, weil sie oszilliert, d.h. zwischen zwei Werten
pendelt):
Aus einer konvergenten Reihe mit dem Grenzwert Null ist
durch das Weglassen der Klammern eine divergente Reihe geworden.
Daher ist das Weglassen der Klammern verboten.
Beispiel und Beweis: Klammern
weglassen bei konvergenten Reihen
erlaubt, wenn die entstandene Reihe ebenfalls konvergent ist
Beweis
Beispiel
Gegeben sei eine konvergente Reihe A.
Gegeben ist eine geometrische Reihe mit q=1/4.
Sie konvergiert gegen 1:
Wir lassen die Klammern weg. Laut Voraussetzung
soll eine ebenfalls konvergente Reihe B entstehen.
Wir lassen die Klammern weg, und erhalten eine
geometrische Reihe mit q=1/2, die ebenfalls gegen 1 konvergiert:
Weil die neue Reihe ebenfalls konvergent ist,
dürfen wir die Klammern beliebig setzen also auch so, dass
wieder die ursprüngliche Reihe entsteht, die wir C nennen:
Wir setzen die Klammern so, dass wieder
die ursprüngliche Reihe entsteht:
Weil das Klammersetzen (B→C)
den Grenzwert und das Konvergenzverhalten nicht verändert
(dies sagt der schon bewiesene Teil 1 des Satzes), haben die Reihen
B und C den gleichen Grenzwert.
Weil C aber die ursprüngliche Reihe A ist,
haben auch A und B den gleichen Grenzwert,
d.h. die Klammern in der konvergenten
Reihe A kann man weggelassen,
ohne das sich der Grenzwert ändert,
was zu beweisen war.